Wie sind Sie zum Schreiben gekommen?

Ich glaube, ich habe ein Buchstaben-Gen. In meinem Stammbaum finden sich auffallend viele „Stadtschreiber“, „Hofschreiber“ und „Sekretäre“, einer meiner Vorfahren aus dem 17. Jahrhundert nannte sich „Skribent“. Ich stelle mir vor, dass sie für Menschen, die des Schreibens unkundig waren, gegen Geld zum Gänsekiel griffen. Heute gebe ich Schriftstellern und Schriftstellerinnen, die in englischer Sprache schreiben, gegen Geld eine deutsche Stimme oder schreibe über Themen von allgemeinem Interesse. In diesem Sinne führe ich eine Familientradition fort.

Hatten Sie das schon immer vor?

Gegen die Macht der Gene lässt sich bekanntlich wenig machen. Eigentlich wollte ich Lehrerin werden. Kaum hatte ich das Studium abgeschlossen, habe ich aber schon das erste Buch übersetzt. „Der Mühlstein“ hieß es, ein Roman der britischen Schriftstellerin Margaret Drabble. Zwischen damals und heute liegen fast 150 veröffentlichte Buchübersetzungen.

Was fasziniert Sie am Übersetzen?

Jedes Buch ist anders, hat ein anderes Thema, eine andere Stimmung. Von einem Familiendrama in den amerikanischen Südstaaten springe ich zu einem Roman über Jugendgangs in einer Vorstadt von Glasgow, dann kommt ein Ratgeber für Menschen mit Essstörungen usw. Jedes Buch erfordert ein ganz neues Einfühlen in die jeweilige Materie. Da gibt es immer auch enorm viel dazu zu lernen und es wird nie langweilig.

Und wie kamen Sie auf die Idee mit den Kochbüchern?

Wenn jemand sich so lange in der Buchbranche tummelt, stellt sich die Lust, auch einmal etwas Eigenes zu wagen, ganz von alleine ein. Ernährung ist ein Thema, das mir sehr wichtig ist. Bekocht habe ich schon immer gern alle Menschen in meiner Umgebung. In meiner Studenten-Wohngemeinschaftszeit habe ich gelernt, aus wenigen einfachen Zutaten möglichst viel zu zaubern. Ich glaube, das zeichnet bis heute meinen Kochstil aus. Außerdem bin ich seit langem schon Vegetarierin. Die Begeisterung für die vegetarische Idee möchte ich gerne weitergeben. In meinen Kochbüchern sehe ich die Chance, den Leuten Lust zu machen, auch mal ohne Fisch und Fleisch zu kochen – und zu erleben, dass das äußerst lecker schmecken kann.

Wie kamen die Gartenbücher dazu?

Schon in meinem allerersten Kochbuch „Querbeet – Kochen rund ums Gartenjahr“ drehte sich alles um regionale und saisonale Zutaten. Und wo lassen sich diese besser gewinnen als im eigenen Garten, im eigenen Kräuterbeet, auf dem eigenen Naschbalkon? Mein eigener Biogarten ist mein ganz persönliches Refugium. Besonders fasziniert hat mich von Anfang an die Kräuterspirale, ein ebenso geniales wie ästhetisch ansprechendes Element der mit dem alternativen Nobelpreis prämierten Permakultur. Damit auch andere eine solche Spirale bauen und als Quelle einer gesunden, vielfältigen Kräuterküche nutzen können, schrieb ich mein erstes Buch über die Kräuterspirale. Dem folgten mehrere weitere Bücher zum Spiralenthema sowie gemeinsam mit dem Gartengestalter Rainer Lutter Ideensammlungen zum „Sichtschutz im lebendigen Garten“ und zum Anlegen eines kreativen „Spielgartens“ für Kinder. Ein weiteres Lieblingsbuch von mir: „Farbstark mit sevengardens“ zum Thema Färberpflanzen. Mein Co-Autor: der Essener Künstler Peter Reichenbach.

Wo arbeiten Sie?

Um den Austausch mit Kolleginnen und Kollegen zu suchen, war ich lange Jahre Teil einer Bürogemeinschaft. Später habe ich dann mein Büro im Erdgeschoss meines urgemütlichen alten Fachwerkhauses eingerichtet. Von meinem Schreibtisch aus schaue ich aus vier Fenstern auf die Dorfstraße, habe das Geschehen im alten Dorf also immer im Blick. Manchmal winken die Leute im Vorübergehen zu mir herein. Hier lässt es sich sehr gut arbeiten und leben! Damit der kollegiale Austausch nicht zu kurz kommt, nutze ich mit großer Begeisterung den virtuellen Co-Writing Space der BücherFrauen und bin Teil der internationalen Writing Community des London Writers‘ Salon.

Welches Lob freut Sie besonders?

Ich finde es immer schön, wenn Leute mir erzählen oder schreiben, dass Bücher, die aus meiner Werkstatt stammen, bei ihnen in Benutzung sind und ihnen etwas geben. Besonders freut es mich, wenn jemand sagt, ich hätte etwas „schön klar und einfach ausgedrückt“. Einfach zu schreiben, das ist das Allerschwierigste und dauert am Allerlängsten. Zum Trost hängt deshalb in meinem Büro auch mein Wahlspruch von Karl Valentin: „Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit.“

 

 

Irmela Erckenbrecht - Buchübersetzerin und Buchautorin - Foto: Sabine Prilop